Der geheimste Ort der Welt

In Laos ist es nicht schwer, vom den ausgetretenen Pfaden abzukommen. Man muss nur die Backpacker-Hochburgen verlassen und schon ist man in einer anderen Welt. Es ist nicht immer schön. Es gibt keine Souvenir-Nachtmärkte. Etwas zu essen zu bekommen, kann eine Herausforderung sein. Aber eines ist sicher: Es ist alles echt.

So ist es in Phonsavan. Die größte Stadt in der Xieng Khuan Provinz ist nur ein Zwischenstopp auf unserem Weg zur vietnamesischen Grenze.

Wir kommen in strömendem Regen an. So gut wie niemand spricht hier englisch. Alles sieht grau und ziemlich trostlos aus.

Phonsavan, Laos

Und es ist schweinekalt! Zum ersten Mal seit Monaten trage ich wieder lange Hose, Sweatshirt, Schal und Regenjacke. Ein totaler Temperaturschock!

Die nahe gelegene Plain of Jars, eine archäologische Stätte über die unzählige Krüge verstreut liegen, schenken wir uns. Im Regen frierend durch eine matschige Ebene laufen und in 2000 Jahre alte, mysteriöse Steinkrüge glotzen… so weit reicht mein archäologisches Interesse heute nicht!

Es gibt wirklich keinen Grund, länger in Phonsavan zu bleiben. In einer kleinen Reiseagentur buchen wir unsere Bustickets. Abends wird hier ein Film gezeigt. Es geht um den geheimen Krieg in Laos. Klingt interessant, reinschauen kann man ja mal…

1962 entdeckt die CIA Long Cheng, einen kleinen Ort im tiefsten laotischen Dschungel. Long Cheng ist weit ab vom Schuss, kein Outsider war jemals an diesem Ort. Einige der Völkerstämme hier wissen nicht einmal, dass es irgendwo ein paar Hundert Kilometer weiter in der Hauptstadt Vientiane eine laotische Regierung gibt.

Für die US-Army war das der perfekte Ort, um eine streng geheime Luftbasis und ein militärisches Trainingslager zu eröffnen.

Von hier aus koordinierten die USA neun Jahre lang ihren geheimen Krieg gegen Laos. Einen Krieg, der auf der Paranoia basierte, der Kommunismus aus Vietnam könne sich über das (offiziell) neutrale Laos ausbreiten. Unter dem Deckmantel einer humanitären Hilfsorganisation wurden antikommunistische Guerillakämpfer aus Laos und Thailand trainiert und militärische Aktionen für ganz Laos geplant. Long Cheng war damals der größte internationale Flughafen der USA! Im Schnitt gingen hier täglich mehr als 400 Flüge ab. Mit dem Ziel, Laos zu schwächen und für die Vietnamesen unpassierbar zu machen.

Alle acht Minuten eine Bombe, 5 Jahre lang. Auf ein unterentwickeltes Land, das eine strategisch „benachteiligte“ Lage hat.

Die Xieng Khuang Provinz und die Plain of Jars waren die mitunter am heftigsten zerbombten Regionen in Laos. Der Ho Chi Minh-Trail, eine strategisch bedeutende Verbindung von Nord- nach Südvietnam, die in Teilen durch Laos führt, sollte dem Erdboden gleich gemacht werden.

Laos hat mehr Bomben abbekommen, als im Zweiten Weltkrieg Deutschland und Japan zusammen!

Die USA haben es mal wieder versucht, einem Land ihre eigene Idee von „Demokratie“ aufzudrücken. Und wenn das Land vorher zerstört werden muss.

Hab ich im Geschichtsunterricht gepennt? Oder warum habe ich vorher nie etwas vom Secret War gehört? Über den Vietnamkrieg wußte man Bescheid (mehr oder weniger). Aber über Laos sprach scheinbar niemand.

Als Stadt hat im Phonsavan nicht viel zu bieten. Aber mir hat es geholfen, das Land besser zu verstehen.