Laos Hauptstadt Vientiane ist für viele nur ein Durchgangsstopp auf dem Weg nach Norden oder Süden. Es gäbe nichts interessantes zu tun oder zu sehen, ist die gängige Meinung. Und so komme ich mit null Erwartungen an. In der entspanntesten Hauptstadt Südostasiens!
Bangkok, Jakarta, Hanoi, Kuala Lumpur, Manila… all diese verrückten, verkehrgeplagten, mehr oder minder stressigen und luftverpesteten Metropolen sind mit Vientiane nicht vergleichbar.
Vientiane macht eher den Eindruck einer mittelgroßen durchschnittlichen Provinzstadt. Es gibt keine Wolkenkratzer, keine 30-stöckigen Luxushotelbunker, keine übertriebenen Shoppingmalls. Statt dessen jede Menge Tempel, Buddhas, Suppenläden, Märkte und französische Bäckereien. Einzig die Regierungsgebäude und über die ganze Stadt verstreuten Ministerien erinnern mich daran, dass ich mich in einer Hauptstadt befinde.
Ich liebe Hauptstädte, weil sie das Herz der Nation sind. Auch wenn Sie natürlich nicht 100% repräsentativ für den Rest des Landes sind, findet man so vieles in ihnen, wofür das Land steht. Vientiane ist zwar eine „richtige“ Stadt aber sie verbreitet die Entspanntheit und Langsamkeit, wie man es in Laos erwartet. Keiner stresst sich hier, keiner will aggressiv etwas verkaufen, die Menschen haben einfach die Ruhe weg. Tempel sind über die ganze Stadt verstreut, Mönche flanieren mit ihren Sonnenschirmen über die Bürgersteige, der Mekong plätschert ruhig vor sich hin. Ja, das ist Laos.
Pha That Luang, eine riesige goldene Stupa und Nationalsymbol des Landes sowie der Monumentalbau Patuxai, sind architektonisch interessante und wirklich schöne Gebäude und so etwas wie Wahrzeichen von Laos.
Aber das mitunter sehenswerteste in Vientiane ist für mich das COPE Visitor Centre, ein für Besucher offenes kleines „Museum“ eines orthopädischen und prothetischen Rehabilitationszentrums. COPE behandelt alle Menschen, die prothetische Hilfe benötigen, und das sind in Laos insbesondere Opfer von UXO, unexploded ordnance, oder auf Deutsch: Blindgänger. Während des Vietnamkrieges wurde das (eigentlich neutrale) Laos durch die USA komplett zugebombt. Es ist schwer zu begreifen, aber Laos, welches nie aktiv in den Vietnamkrieg verwickelt war, ist das am meisten zerbombte Land der Welt, mehr als Afghanistan, Irak oder sonst ein Land, von dem man es eher vermuten würde. Viele dieser Bomben sind bis heute nicht explodiert und liegen irgendwo in den Feldern und Wäldern des Landes. Es gibt zwar einige Bereinigungs-Aktionen aber die gehen so langsam voran, dass man bei dem heutigen Tempo noch mehr als 100 Jahr benötigen würde, um das Land komplett von Streubomben, Minen und Blindgängern zu säubern. Immer wieder passiert es, dass Menschen durch Blindgänger schwer verletzt oder getötet werden. Teilweise passiert dies aus reinem Unglück, teilweise weil Menschen auf die Suche nach den Bomben gehen, weil sie das Altmetall zu einem hohen Preis verkaufen können. Nicht ausreichende Aufklärung über die Risiken und der falsche Umgang mit UXO führen immer wieder zu schlimmen Unfällen.
Im COPE Visitor Centre höre ich zum ersten Mal vom „Secret War“, dem geheimen Krieg in Laos, sowie den Folgen, den die unschuldige Bevölkerung bis heute immer wieder erleiden muss. Es ist – leider – auch Teil des Lebens in Laos.