Angkor Wat. Hohe Erwartungen, große Enttäuschung

Als Backpacker in Südostasien kommt man nicht umhin, sich überall die Schwärmereien über Angkor Wat anzuhören.

Oh my God, you HAVE to see Angkor Wat! You cannot leave Cambodia before! It’s one of the most awesome things in all South East Asia!

Das klingt ja vielversprechend.

Nach mehreren Monaten in Asien ist mein Bedarf an Tempeln zwar ziemlich gestillt… Aber hey, it’s ANGKOR WAT! Angkor steht für Kambodscha wie der Eiffelturm für Paris, die Akropolis für Griechenland, die Cheops Pyramide für Ägypten.

Angkor Wat ist das nationale Symbol und der größte Stolz der Kambodschaner.

Ja, muss ich sehen, logisch.

Siem Reap ist die Basis für den Besuch von Angkor. Die mittelgroße Stadt ist komplett auf Tempel-Touristen ausgerichtet. Es gibt massenweise Souvenirläden, Nachtmärkte, westliche Restaurants und Hotels. im Zentrum von Siem Reap ist alles hübsch zurechtgemacht. Ich finde das immer ein wenig bizarr, wenn die touristischen Ecken so sauber und geleckt aussehen und ein paar Straßen weiter die Armut vorherrscht.

Um der Hitze zu entkommen, planen wir, uns ganz klassisch vor Sonnenaufgang zum rund acht Kilometer entfernten Angkor Wat zu begeben. Aber wie erkundet man am besten einen so großen Tempelkomplex? Tuk Tuk oder Fahrrad? Bequem kutschiert werden oder schwitzen? Wir entscheiden uns für die billigere und flexiblere Fahrrad-Variante.

Wir radeln Morgens noch im Halbdunkeln los. Und plötzlich stehen wir direkt davor. Die Silhouette von Angkor Wat – so oft gesehen. Auf der Nationalflagge, T-Shirts, Whiskyflaschen, Briefmarken, Bierdeckeln… wo man in Kambodscha hinschaut, prangt das Bild der Tannenzapfen-förmigen Türme des Haupttempels Angkor Wat. Und jetzt sehe ich es mit eigenen Augen. Bei Sonnenaufgang, wie auf Postkarte.

Und nu‘?

Ich warte darauf, dass sich irgend etwas in mir regt. Irgendein WOW!-Gefühl, Bewunderung, das Gefühl, etwas besonderes zu sehen. Aber es kommt nicht.

Liegt es daran, dass neben uns eine laute chinesische Reisegruppe nach der anderen hinein spaziert? Oder daran, dass die Erwartungen zu hoch waren? Es ist ja auch „nur“ ein Tempel. Keine Ahnung, was ich da erwartet habe… Aber Angkor flasht mich nicht. Es passiert einfach überhaupt nichts. Ich stehe direkt vor einem der bedeutendsten Monumente der Welt, aber es ist mir irgendwie völlig wurscht. Das fühlt sich echt mies an! Bin ich vom Reisen so abgestumpft?

 Es ist natürlich sehr hübsch, definitiv. Diese gigantischen Tempel wurden vor rund 1.000 Jahren gebaut, der gesamte Komplex ist gewaltig. Aber die Magie fehlt einfach völlig an diesem Ort. Ich komme mir ein bisschen vor, wie auf der Kirmes. Vielleicht war es nicht die beste Idee, am Tag des kambodschanischen Neujahrs hierher zu kommen. Nicht nur Touristen, auch jede Menge Locals haben sich hier versammelt, um sich die Neujahrs-Festivitäten anzuschauen.

 Auf den Straßen stauen sich die Tuk-Tuks und Touristenbusse. Wir sind mehr als froh, mit dem Rad unterwegs zu sein und quetschen uns hindurch. Ich weiß nicht, was mehr nervt. Die Hitze, die ab 9 Uhr unerträglich wird, die Geräuschkulisse oder die Menschen- und Fahrzeugmassen.

Wir arbeiten uns voran. Einige Tempel sind verfallen und von riesigen Baumwurzeln überwuchert. Andere wiederum sind gut erhalten bzw. restauriert. Aber nach einigen Stunden haben wir das Gefühl: „same same!“ Alles mehr oder weniger gleich. Angkor-Verehrer werden laut protestieren. Aber ich habe heute nicht das Gefühl, dass es großen Mehrwert bringt, sich noch fünf weitere Tempel anzuschauen.

Es ist Mittagszeit und es genügt uns für heute. Wir radeln langsam zurück nach Siem Reap.

Das war’s! Ich habe Angkor Wat gesehen! Haken dran…

2 comments

    • Alexandra

      Ganz deiner Meinung, Cinja! Bagan war der Hammer, kaum Leute, total magisch – genau das was ich in Angkor vermisst habe!